Fristlose, außerordentliche Kündigung im Mietverhältnis

Fristlose, außerordentliche Kündigung im Mietverhältnis

Jede Partei eines Mietvertrages, Vermieter und Mieter, kann das Mietverhältnis jederzeit "fristlos außerordentlich" kündigen. Diese Kündigung ist deshalb außerordentlich, weil sie fristlos ohne Einhaltung irgendwelcher Kündigungsfristen erfolgt. Im Gegensatz zur "fristgerechten, ordentlichen" Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist braucht bei der fristlosen außerordentlichen Kündigung gerade keine Kündigungsfrist eingehalten zu werden. Sie sollte allenfalls "unverzüglich" erfolgen. Die fristlose Kündigung wird faktisch in dem Augenblick wirksam, in dem sie ausgesprochen wird und der Gegenpartei zugeht. Die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung hängt von mehreren Faktoren ab. Die Kündigungsfrist ist einer von mehreren solcher Faktoren.

Inhaltsübersicht:

1. Unterschied fristgerechte / fristlose Kündigung
2. Voraussetzungen der fristlosen außerordentlichen Kündigung
a. Wichtiger Grund
b. Abmahnung
c. Kündigungsfrist
d. Speziell: Kündigungsfristen bei Zahlungsverzug
3. Außerordentliche Kündigung mit der gesetzlichen Frist

 

1. Unterschied fristgerechte / fristlose Kündigung


Entscheidender Unterschied zwischen beiden Kündigungsarten ist der wichtige Grund. Die fristgerechte ordentliche Kündigung durch den Mieter kann ohne Angabe von Gründen erfolgen. Kündigt der Vermieter fristgerecht, braucht er ein vom Gesetz anerkanntes "berechtigtes Interesse" (z.B. Eigenbedarf).

Die fristlose außerordentliche Kündigung benötigt hingegen auf beiden Seiten immer einen wichtigen Grund. "Berechtigtes Interesse" und "wichtiger Grund" sind völlig unterschiedliche Rechtsbegriffe.

 

2. Voraussetzungen der fristlosen außerordentlichen Kündigung


Rechtsgrundlage der fristlosen außerordentlichen Kündigung im Mietverhältnis sind § 543 und § 569 BGB. Beide Vorschriften sind komplex und erfassen unterschiedliche Lebenssachverhalte.

a. Wichtiger Grund


Maßgeblicher Ausgangspunkt ist der wichtige Grund. Das Gesetz definiert den wichtigen Grund als eine Situation, die es der kündigenden Partei unzumutbar macht, das Mietverhältnis bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist oder bis zum Ablauf eines befristet vereinbarten Mietverhältnisses fortzusetzen. Das Gesetz fordert eine Interessenabwägung im Einzelfall. Derjenige, der fristlos kündigt, muss im Streitfall nachweisen, dass ein wichtiger Grund vorliegt und ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar ist.

Zieht der Mieter nach einer fristlosen Kündigung des Vermieters nicht freiwillig aus, darf der Vermieter dennoch nicht zur Selbstjustiz greifen. Er bleibt wie bei der fristgerechten Kündigung auf die Räumungsklage angewiesen. Im Verfahren prüft das Gericht, ob die fristlose Kündigung zulässig und begründet war.

b. Abmahnung


Jede fristlose Kündigung setzt regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sofern der wichtige Grund in der Verletzung einer Vertragspflicht besteht, muss die kündigende Partei vorher die Gegenseite auf ihr vertragswidriges Verhalten hinweisen und diese abmahnen (z.B. wegen der Störung des Hausfriedens durch nächtlichen Lärm). Sofern die abgemahnte Partei zur Abhilfe (z.B. Unterlassung der Unterhaltung von 24 Katzen) verpflichtet ist, ist die Abmahnung mit einer Abhilfefrist zu verbinden (§ 543 III BGB).

Einer Abmahnung oder Frist bedarf es nicht, wenn diese offensichtlich erfolglos bleiben wird oder die fristlose Kündigung in Anbetracht der Situation unumgänglich ist. Die Abmahnpflicht entfällt auch, wenn der Mieter mit seinen Mietzahlungen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben in Verzug gerät (§ 543 III Nr. 3 BGB).

c. Kündigungsfrist


Eine allgemeingültige Kündigungsfrist gibt es für die fristlose Kündigung nicht. Es gilt der Grundsatz des Vertragsrechts, dass eine fristlose Kündigung grundsätzlich umgehend auszusprechen ist, nachdem die kündigende Partei Kenntnis des wichtigen Grundes erhalten hat. Je länger zugewartet wird, desto weniger glaubhaft erscheint es, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die kündigende Partei tatsächlich unzumutbar ist.

Im Allgemeinen wird eine Kündigungsfrist von zwei Wochen für angemessen erachtet. In Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls kommen auch sechs Wochen oder sogar noch längere Zeiträume in Betracht. Der kündigenden Partei wird regelmäßig ein gewisser Zeitraum für ihre Entscheidungsfindung zugestanden, in dem sie klären kann, ob tatsächlich ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung besteht. Nach Ablauf einer solchen Überlegungsfrist wird ein wichtiger Grund eben "unwichtig" und rechtfertigt keine fristlose Kündigung mehr. Das Kündigungsrecht gilt dann als "verwirkt".

Verwirkung bedeutet, dass der Kündigungsberechtigte durch sein langes Untätigbleiben zum Ausdruck bringt, dass ihn der vertragswidrige Zustand nicht zu beeinträchtigen scheint und ihm die fristlose Kündigung nicht unbedingt so wichtig ist, als dass er das Mietverhältnis sofort würde beenden wollen.

d. Speziell: Kündigungsfrist bei Zahlungsverzug


Die allgemeine Kündigungsfrist konkretisiert sich im Zahlungsverzug des Mieters. Danach kann der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter mit zwei aufeinanderfolgenden Zahlungsterminen die Miete nicht zahlt oder mit der Mietzahlung in Höhe von zwei Monatsmieten in Verzug ist (§ 543 II Nr. 3 BGB).

Wird der Vermieter vorher befriedigt, ist die Kündigung ausgeschlossen. Eine ausgesprochene fristlose Kündigung des Vermieters wird unwirksam, wenn der Mieter mit einer Gegenforderung (z.B. Minderungsanspruch) aufrechnen konnte und die Aufrechnung unverzüglich nach der Kündigung erklärt. Gleiches gilt, wenn der Vermieter Räumungsklage erhoben hat und der Mieter oder eine öffentliche Stelle (Sozialamt) die fällige Miete binnen einer Frist von längstens zwei Monaten nach der Rechtskraft des Räumungsurteils bezahlt. Der Mieter kann diesen Rettungsanker allerdings nur einmal in zwei Jahren ausnutzen.

 

3. Außerordentliche Kündigung mit der gesetzlichen Frist


Diese gesetzliche Formulierung bedarf der Begriffsklärung. In bestimmten gesetzlich definierten Fällen können Vermieter oder Mieter das Mietverhältnis "außerordentlich mit der gesetzlichen Frist" kündigen.

Beispiele:

§ 544 BGB: Wird ein Mietvertrag mit einer Laufzeit von über 30 Jahren (also mindestens 30 Jahre und ein Monat) abgeschlossen, kann jede Vertragspartei nach Ablauf von 30 Jahren das Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen Die gesetzliche Kündigungsfrist ist die der fristgerechten ordentlichen Kündigung nach § 573c BGB: Kündigung bis zum dritten Werktag eines Monats zum Ablauf des übernächsten Monats.

§ 540 BGB: Verweigert der Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung der gesamten Wohnung, kann der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist des § 573c BGB kündigen, vorausgesetzt, dass der Vermieter in der Person des Untermieters keinen wichtigen Grund geltend machen konnte.

Share: